Ich will den Begriff erklären, indem ich zuerst erkläre, was ein Apostel ist, wie es in den offiziellen Texten der Kirche verwendet wird und dann erkläre, warum das Traditionsprinzip in der Kirche so eine Bedeutung hat.
In den Jerusalemer Gemeinde kurz nach Tod und Auferstehung waren die Apostel die Garanten dafür, daß die Heilige Kirche dem Ursprungswillen Jesu treu lebte und ihn weitergab. Allerdings benutzt nur Lukas das Wort Apostel exklusiv für den 12-Kreis. Für alle anderen Schreiber des Neuen Testamentes sind alle, die das Wort im Auftrag der Gemeinde weitersagen "Apostel". Nur einmal nennt Lukas den hl. Paulus "Apostel". Im ersten Kapitel der Apostelgeschichte in Vers 21 und 22 lesen wir, wer für Lukas ein Apostel (griech. für: der Gesandte) war. Der Apostel (Mt, Mk, Joh und die Briefe sprechen von den Zwölf) muß den vorösterlichen Jesus miterlebt haben in der Gruppe der Jünger, Sein Leben angefangen bei der Taufe am Jordan, Sein Lehren, Sein Leiden, Seinen Tod, Seine Auferstehung und Himmelfahrt und dafür bestellt sein, gemeinsam mit den anderen elf, Zeugnis für die authentische Überlieferung (= Tradition) dieser Lehre Jesu (Reich Gottes ist nahe) in Wort und Werk abzulegen, trotz aller Hürden. Sie sollten so auch symbolisch Anfang der endzeitlichen Sammlung Israels sein.
Mit dem Tod der Apostel (lukanische Tradition) und der letzten Zeitzeugen verschwand aber der Kreis derer, die dieses Zeugnis geben konnten. Das Amt der Apostel spaltete sich auf. Die Rolle der Tradition (= unverfälschte Weitergabe) von Leben, Leiden, Sterben und Auferstehen unseres Herren übernahmen mehr und mehr die Schriften. Die Bischöfe oder Episkopoi (dt: Aufseher; die die drauf sehen sollen) und ihre Ältesten (Presbyteroi = Priester) hatten nun für das Glaubensleben der Gemeinde zu sorgen und dafür, daß einerseits neben der Bibel (LXX), nur die Schriften zugelassen waren, die diesem Zeugnis für Jesus entsprachen, falsche Schriften und Lehren abgewehrt wurden, andererseits aber auch die offenbarten Wahrheiten immer tiefer verstanden und in das Glaubensleben der jeweiligen Zeit hineingenommen werden konnten (DV 9). Die Bibel [ta biblia (gr) = die Bücher] war bis weit ins zweite Jahrhundert hinein außerhalb Palästinas nur die Schriftrollen der griechischen Version des Alten Testaments (AT) - Septuaginta! genannt, abgekürzt LXX!!! Die Bischöfe hatten darüber hinaus auch als Garanten für die Einheit der Kirche dazustehen durch Lehre und Gebet, Brechen des Brotes (Eucharistiefeier), Leben des Glaubens sowie den Kontakt zu anderen Gemeinden der katholischen (=allgemeinen) Kirche. (Vgl auch die lukanische Definition von Kirche in Apg 2, 41-47). Die christliche Bibel (AT in der LXX-Version plus Schriften des neuen Bundes) entwickelte sich seither zur maßgeblichen Tradition der Kirche.
Was aber ist eigentlich "Tradition"?
Warum die Tradition nicht nur in der katholischen Kirche so wichtig ist, sondern könnte es auch für die Freikirchen sein könnte? Hier ein Bsp: Tanja Levin ist eine Aussteigerin bei Hillsong, einer sehr erfolgreichen Pentacostal Church, die ich persönlich sehr mag (quasi als "Nahrungsergänzung"). Durch ihre Prosperity Theology und den Umgang mit persönlicher Schuld der Leiter wiederholen sie aber die Fehler, die in der Kirche im Mittelalter zur Glaubensspaltung geführt haben. Andrew Denton (SBS) interviewt Tanja Levin: Teil 1 und 2. Das Interview ist in Englisch.